„So viele Tiere wurden noch nie zur Untersuchung eingeschickt“, sagt Marie-Pierre Ryser vom Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin an der Universität Bern (FIWI). Ein Grund dafür ist die neue Staupe-Epidemie in der Schweiz. Erkrankten Anfang 2009 in Graubünden und St. Gallen einige Füchse und Dachse, so breitete sich die Staupe in den vergangenen Monaten mit Fällen von Schaffhausen über Zürich bis Uri über die halbe Schweiz aus. „Die Staupe könnte früher oder später die gesamte Schweiz erfassen“, sagt Ryser.
Bislang wurde bei rund 30 Füchsen und Dachsen Staupe entdeckt – vermutlich ein Bruchteil der tatsächlichen Fälle. Eine solche Häufung sei neu, sagt Ryser. Dabei kommt die Staupe schon seit längerem bei Wildtieren in der Schweiz vor. Nachgewiesen wurde die Krankheit zuvor nur bei Steinmardern. In Untersuchungen konnten die Forschenden jedoch zeigen, dass rund ein Viertel der Füchse und der Luchse Antikörper gegen Staupe haben und somit mindestens mit dem Erreger Kontakt hatten.
Ryser vermutet, dass sich nun ein für die hiesige Wildtierpopulation neues Staupe-Virus in der Schweiz ausbreitet, welches die Tiere öfter krank macht. Auf ein neues Virus deutet nicht nur die höhere Erkrankungsrate bei Wildtieren. Es sind laut Ryser auch alle Altersklassen betroffen – ältere Tiere haben offenbar keinen besseren immunologischen Schutz gegen das Staupe-Virus als jüngere. Die neue Epidemie hat sich von Osten her ausgebreitet und hat neben der Schweiz auch Österreich, Deutschland, Liechtenstein und Italien erfasst.
Für die Hundepopulation scheint das Risiko dennoch klein. So ist bislang keine Ansteckung eines Hundes durch Wildtiere bekannt geworden. Ausgeschlossen ist eine Ansteckung jedoch nicht. Hundehaltende sollen deshalb ihre Tiere unbedingt gegen Staupe impfen und nun prüfen, ob der Impfschutz noch aktuell ist. Für Menschen stellt die Staupe keine Gefahr dar.
Zudem: Wer Füchse, Dachse oder andere fleischfressende Wildtiere sieht, die sich seltsam verhalten und keine Scheu zeigen oder wer tote Wildtiere entdeckt, soll den lokalen Wildhüter kontaktieren. Nur so können die Fachleute am FIWI die Situation überblicken.