Samstag, 4. April 2015

Anti-Zug-Geschirre

Wir haben sie alle schon gesehen, Hunde mit Hundegeschirren, welche ihre Halter kräftig vor sich herziehen.

Leider wird in vielen Tier-Zubehör-Handlungen ein Geschirr vorschnell als Lösung für das Leinenziehen angeboten. Betrachtet man es von der Seite, dass es darum geht, Hals und Kehlkopf des Hundes zu schonen sind Geschirre sicherlich pauschal ok, aber damit wird das Problem des Ziehens nicht gelöst.

Wie auch, wenn man bedenkt, dass Geschirre unterschiedlichen Ansprüchen dienen und die meisten im Hundesport Anwendung finden..wo der Hund durchaus aktiv nach vorne gehen soll und der Zug in dem Sinne gewünscht ist.

Zielführender sind hier sicherlich entsprechende Korrektur-Geschirre, welche rein dem Zweck dienen, das Ziehen zu unterbinden.

Auch hier gibt es unterschiedliche Produkte, welcher entweder unter den Beinen durchführen oder zusätzlich um den Fang des Hundes angelegt werden. Beide Varianten sind für den Hund nicht sonderlich angenehm. Letzte Variante kann bei falscher Anwendung zudem wiederum dem Hals und Nacken des Hundes schaden. Die Anwendung sollte zudem hier nur unter professioneller Anleitung erfolgen.

Ein relativ simples Produkt, welches für den Hund weder unangenehm ist, noch kompliziert in der Anwendung sind Geschirre, welche die Korrektur auf Brusthöhe zulassen sei dies das Halti Harness oder das No Pull Harness von Positively.

Korrektur Geschirre sollten aber auch stets das bleiben was sie sind: Ein Trainings-Gerät welches helfen soll, ein unerwünschtes Verhalten zu reduzieren und kein pauschaler Ersatz für Halsband und Leine.


Das Thema Sachkundenachweis - Auszüge aus einem Artikel der NZZ/Claudia Wirz vom 30.3.2015

Auf einem Hundeplatz irgendwo am Stadtrand von Zürich stehen fünf bis sechs Leute mit ihren angeleinten Welpen und warten. Sie warten, bis die letzten Verspäteten noch kommen, bis die Hundetrainerin ihre Verkaufsauslagen mit allerlei Hundeartikeln aufgebaut oder irgendwelchen Papierkram erledigt hat. Sie stehen und warten hier nicht freiwillig. 

Die «Welpenförderung» ist für sie gemäss kantonalem Hundegesetz obligatorisch. Nach offizieller Lesart dienen die obligatorischen Kurse für Hundehalter der Prävention von Unfällen. Doch wird dieses Versprechen auch eingelöst? 

Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) kann die Wirkung der Kurse nicht nachweisen, zumindest nicht mit Fakten.

Amtsdirektor Hans Wyss verweist dafür in einem Brief auf eine Masterarbeit der Universität Zürich, in deren Rahmen nach dem Zufallsprinzip Kursteilnehmer befragt wurden. Die Autorin stellt fest, dass die obligatorischen Lektionen zum «Sachkundenachweis» (SKN) nicht nur für lauter glückliche Teilnehmer sorgen, sondern auch für eine «deutliche Verbesserung des Gehorsams der Hunde». Die Arbeit, die das BLV «erfreut» zur Kenntnis nimmt, ist weder im Internet noch im Netzwerk der Bibliotheken und Informationsstellen in der Schweiz (Nebis) greifbar. Und was Hans Wyss nicht erwähnt: Die Autorin der Arbeit bietet selber die obligatorischen SKN-Kurse an. 

Die Zürcher Kantonstierärztin Regula Vogel, die nebst den bundesrechtlichen Regulierungen auch den Vollzug eines restriktiven kantonalen Hundegesetzes mit Rassenverboten und vielen Ausbildungsauflagen überwacht, meint, für eine Wirkungsanalyse sei es noch zu früh. 

Mit Sicherheit lässt sich also über die Wirkung der Kurse bis jetzt nur eines sagen: Seit sie obligatorisch sind, brummt das Geschäft. «In den letzten Jahren», sagt Christoph Hunn von der Stiftung Certodog, «sind die SKN-Ausbildungen bei uns immer ausgebucht.» Kein Wunder, ist man sehr zufrieden. Die Stiftung bildet angehende Hundetrainer aus, die dann den Hundehaltern die obligatorischen Kurse erteilen. 

Mit dem «Rundum-sorglos-Paket» könne man die Ausbildung zum Hundeinstruktor für etwa 6000 Franken innerhalb von einem Dreivierteljahr absolvieren, sagt Hunn. Die Stiftung Certodog pflegt enge personelle Verbindungen zu der Stiftung für das Tier im Recht (TIR). Die TIR begrüsst die obligatorischen Hundekurse. Im Sinne des Tierwohls wären aus ihrer Sicht sogar mehr Pflichtlektionen angebracht, sagt Nora Flückiger. Die Hundeexpertin der TIR absolviert zurzeit selber eine Ausbildung zur Hundetrainerin. Auch die TIR selbst ist im Hundekursgeschäft; sie erteilt im Rahmen der Hundetrainerausbildung Kurse zu rechtlichen Fragen. Bei Certodog und anderen kynologischen Organisationen doziert auch der Veterinär Heinrich Binder, der seit langem beim BLV in leitender Funktion tätig ist und im Stiftungsrat von Certodog sass. 

Wieder auf der Hundewiese. Weil die vier Stunden «Welpenförderung» an vier Tagen mit wechselnden Teilnehmern stattfinden, hören die Teilnehmer im Wochentakt viermal das Gleiche: dass es unmodern sei, dem Hund das Fressen im Napf zu reichen, man solle es in der Wohnung verteilen. Dass ein schmales Halsband mehr einschneide als ein breites. Dass die auf dem Verkaufstisch beim Ausgang aufgelegten Hundegeschirre viel besser seien als die im Laden. 

Ähnliches erfährt man in der «Oberstufe». Dass das ganze Hundeleben voller Stress sei, das Apportieren eines Stöckchens – nichts als Stress.

«Ein Unfug», meint Urs Klemm, promovierter Lebensmittelchemiker und ehemaliger Vizedirektor des Bundesamtes für Gesundheit. Gerade ist er selber in den Genuss eines SKN-Kurses gekommen. Klemm ist Experte im Beirat des Konsumentenforums und kennt die Klagen vieler Hundekursbesucher aus erster Hand. «Viele Kursabsolventen reklamieren, dass die Kurse zu reinen Verkaufsplattformen verkommen», sagt Klemm. 

Dass im Rahmen der obligatorischen Hundekurse ein lebhafter Handel betrieben wird, räumt BLV-Direktor Hans Wyss in dem oben erwähnten Brief an das Konsumentenforum sogar ein. Er kann aber keinen «Missbrauch» feststellen. 

Alles für die Katz? Rechtfertigt die Gefahr, die von Hunden ausgeht, überhaupt das ganze Gewirr von Zwangskursen? Die Suva-Statistik zu Unfällen mit Tieren relativiert das Bild. Die meisten Unfälle mit Tieren gehen auf das Konto von Insekten und Zecken. Betrachtet man nur Säugetiere, führen Pferde die Liste an, und zwar seit Jahren. 2013 gab es 5821 aktenkundige Unfälle mit Pferden. Im Unterschied zu Hundehaltern müssen Hobbyreiter weder Pferdesteuern zahlen noch eine obligatorische Ausbildung absolvieren. Für strengere Pferderegeln fehle der politische Wille, erklärt Kaspar Jörger vom BLV. Das können sogar eingefleischte Reiter nicht nachvollziehen. Es sei unerklärlich, meint Thomas Frei, Chefredaktor des Schweizer Pferdemagazins «Kavallo», warum der Besitzer eines 1,5 Kilogramm leichten Chihuahuas einen Sachkundenachweis erbringen müsse, der Reiter eines 600 Kilogramm schweren Pferdes hingegen nicht.

Quelle: NZZ