Was wir
Hundehalter doch schon immer wussten...
Als die schärfste Grenze zwischen Mensch und
Tier hat die Zoologie bislang erkannt, dass alle Reflexe, Motive,
Verhaltensmuster der Tierwelt auf vier Standards gründen: Fressen, Fortpflanzung,
Hierarchie und Überleben.
Eine jüngst veröffentliche wissenschaftliche Untersuchung aus
Großbritannien aber weist jetzt nach, dass die Menschheit eines ihrer
wichtigsten Alleinstellungsmerkmale mit einigen Tierarten teilt. Der traurige
Aufblick vom Hund zum deprimierten Herrchen ist echt, keine Einbildung und
keine Wunschvorstellung.
Hunde sind fähig, psychische Grundkonstellationen beim
Menschen zu erkennen - und Anteil daran zu nehmen.
Sie haben tatsächlich Mitgefühl. Haben Hunde, Katzen, Pferde
und Schweine womöglich eine komplexere Gefühls- und Gedankenwelt als bislang
angenommen?
Wissen Hunde, was Tränen sind, was sie bedeuten?
Deborah Mayer und Jennifer Custance vom psychologischen
Institut der Londoner Goldsmiths-Universität haben 18 Haushunde verschiedenen
Alters und Rassen - vom Golden Retriever bis zum Pudel - einem Psychotest
unterzogen.
Die Untersuchung ist in der kritischen zoologischen Fachwelt
auf Akzeptanz und große Anerkennung gestoßen.
Die
Forscherinnen hatten das Verhalten von Testhunden beobachtet, während Menschen
neben ihnen überraschend zu weinen begannen. Den Britinnen war klar, dass es
mit dem Nachweis der Eindeutigkeit der Tierreaktionen schwierig werden würde.
In mindestens 15.000 Jahren des Zusammenlebens haben Hunde instinktiv gelernt,
es dem Menschen recht zu machen - was nahelegt, dass sie in ihrem Verhalten nur
ihren Besitzer spiegeln: Freut sich der Mensch, freut sich der Hund, der
insgeheim auf eine Belohnung hofft. Ärgert sich der Mensch, klemmt sein
vierbeiniger Begleiter die Rute zwischen die Beine - und will sich durch
gespielte Zerknirschung vor einer Strafe (deren Grund er meist nicht begreift)
bewahren. Weint der Mensch, leckt sein bester Freund ihm die Hand - und will
gestreichelt werden.
Um
vorgetäuschtes Mitgefühl von echter Empathie zu unterscheiden, brachten die
beiden Forscherinnen den Hundebesitzern einen Laut bei, der eher tierisch als
menschlich klingt - und irgendwo zwischen Summen, Wimmern und Brummen liegt:
"So stellten wir sicher, dass die Hunde nicht aus Neugier auf die Weinenden
reagierten, sondern tatsächlich Anteilnahme zeigten", schreiben die
Forscherinnen in "Animal Cognition" ("Empathic-like responding
by domestic dogs to distress in humans: An exploratory study").
In
einem 20-Sekunden-Test setzten sie die Hunde entweder vor ihren Besitzer oder
eine fremde Person, die entweder Tränen kullern ließen oder den Summlaut von
sich gaben. "Alle Hunde reagierten auf die Tränen mit fürsorglicher
Anteilnahme, das Summen nahmen sie zur Kenntnis oder ignorierten es",
schreiben sie. Den Tränen maßen die Tiere offensichtlich eine große emotionale
Bedeutung bei. Überdies reagierten die Hunde zuverlässig auf die Weinenden -
egal, ob es sich um den Besitzer oder Fremde handelte. Aber um ihren Besitzer
kümmerten sie sich intensiver - ein weiterer Hinweis auf echte Empathie. Die
Versuche der Londoner Psychologinnen stießen auch in Wien auf großes Interesse.
An zwei Wiener Universitäten beschäftigen sich Forscher seit Februar in einem
Doppelprojekt mit der Frage, ob und wie Hunde sich in die Gefühlswelten von
Menschen oder ihrer Artgenossen hineindenken können - und wie weit sie sich
menschlichen Gefühlsmustern nähern.
Allerdings
sind Hundeemotionen nur schwer zu deuten, sogar das Wedeln mit dem Schwanz kann
bekanntlicherweise mehrere Ursachen haben. Den Verlauf menschlicher Regungen
können die Forscher zwar am Magnetresonanztomografen im Gehirn verfolgen. Bei
Hunden ist diese Untersuchung noch ausgeschlossen. Drei Forschungsjahre sind
für das Mitgefühl-Projekt angesetzt. Es ist das erste Mal, dass Spezialisten
für menschliche und tierische Psychologie zusammenarbeiten.