Montag, 16. Juli 2012

Wissenschaftlich belegt: Hunde verstehen Empfindungen des Menschen


Was wir Hundehalter doch schon immer wussten...

Als die schärfste Grenze zwischen Mensch und Tier hat die Zoologie bislang erkannt, dass alle Reflexe, Motive, Verhaltensmuster der Tierwelt auf vier Standards gründen: Fressen, Fortpflanzung, Hierarchie und Überleben.

Eine jüngst veröffentliche wissenschaftliche Untersuchung aus Großbritannien aber weist jetzt nach, dass die Menschheit eines ihrer wichtigsten Alleinstellungsmerkmale mit einigen Tierarten teilt. Der traurige Aufblick vom Hund zum deprimierten Herrchen ist echt, keine Einbildung und keine Wunschvorstellung. 

Hunde sind fähig, psychische Grundkonstellationen beim Menschen zu erkennen - und Anteil daran zu nehmen. 

Sie haben tatsächlich Mitgefühl. Haben Hunde, Katzen, Pferde und Schweine womöglich eine komplexere Gefühls- und Gedankenwelt als bislang angenommen? 

Wissen Hunde, was Tränen sind, was sie bedeuten? 

Deborah Mayer und Jennifer Custance vom psychologischen Institut der Londoner Goldsmiths-Universität haben 18 Haushunde verschiedenen Alters und Rassen - vom Golden Retriever bis zum Pudel - einem Psychotest unterzogen. 

Die Untersuchung ist in der kritischen zoologischen Fachwelt auf Akzeptanz und große Anerkennung gestoßen.

Die Forscherinnen hatten das Verhalten von Testhunden beobachtet, während Menschen neben ihnen überraschend zu weinen begannen. Den Britinnen war klar, dass es mit dem Nachweis der Eindeutigkeit der Tierreaktionen schwierig werden würde. In mindestens 15.000 Jahren des Zusammenlebens haben Hunde instinktiv gelernt, es dem Menschen recht zu machen - was nahelegt, dass sie in ihrem Verhalten nur ihren Besitzer spiegeln: Freut sich der Mensch, freut sich der Hund, der insgeheim auf eine Belohnung hofft. Ärgert sich der Mensch, klemmt sein vierbeiniger Begleiter die Rute zwischen die Beine - und will sich durch gespielte Zerknirschung vor einer Strafe (deren Grund er meist nicht begreift) bewahren. Weint der Mensch, leckt sein bester Freund ihm die Hand - und will gestreichelt werden.

Um vorgetäuschtes Mitgefühl von echter Empathie zu unterscheiden, brachten die beiden Forscherinnen den Hundebesitzern einen Laut bei, der eher tierisch als menschlich klingt - und irgendwo zwischen Summen, Wimmern und Brummen liegt: "So stellten wir sicher, dass die Hunde nicht aus Neugier auf die Weinenden reagierten, sondern tatsächlich Anteilnahme zeigten", schreiben die Forscherinnen in "Animal Cognition" ("Empathic-like responding by domestic dogs to distress in humans: An exploratory study"). 

In einem 20-Sekunden-Test setzten sie die Hunde entweder vor ihren Besitzer oder eine fremde Person, die entweder Tränen kullern ließen oder den Summlaut von sich gaben. "Alle Hunde reagierten auf die Tränen mit fürsorglicher Anteilnahme, das Summen nahmen sie zur Kenntnis oder ignorierten es", schreiben sie. Den Tränen maßen die Tiere offensichtlich eine große emotionale Bedeutung bei. Überdies reagierten die Hunde zuverlässig auf die Weinenden - egal, ob es sich um den Besitzer oder Fremde handelte. Aber um ihren Besitzer kümmerten sie sich intensiver - ein weiterer Hinweis auf echte Empathie. Die Versuche der Londoner Psychologinnen stießen auch in Wien auf großes Interesse. An zwei Wiener Universitäten beschäftigen sich Forscher seit Februar in einem Doppelprojekt mit der Frage, ob und wie Hunde sich in die Gefühlswelten von Menschen oder ihrer Artgenossen hineindenken können - und wie weit sie sich menschlichen Gefühlsmustern nähern.

Allerdings sind Hundeemotionen nur schwer zu deuten, sogar das Wedeln mit dem Schwanz kann bekanntlicherweise mehrere Ursachen haben. Den Verlauf menschlicher Regungen können die Forscher zwar am Magnetresonanztomografen im Gehirn verfolgen. Bei Hunden ist diese Untersuchung noch ausgeschlossen. Drei Forschungsjahre sind für das Mitgefühl-Projekt angesetzt. Es ist das erste Mal, dass Spezialisten für menschliche und tierische Psychologie zusammenarbeiten.