Interview mit dem deutschen Hundetrainer Martin Rütter (ruetters-dogs.de) in der Welt Online, nachdem in Deutschland vor wenigen Tagen ein Kleinkind von vier Staffordshire Bullterriern getötet wurde.
Anzumerken ist, dass die Hundehalterin KEINE Bewilligung für das Halten dieser Tiere hatten, bzw. diese nicht gemeldet waren und die Aufsichtspflicht welche man als Halter von Hunden beim Vorhandensein von Kindern hat und absolut wahrnehmen muss, sträflich vernachlässigt wurde. (NBC Redaktion)
Herr Rütter, warum geschehen immer wieder solche schrecklichen Hunde-Attacken?
Diese schlimmen Ereignisse haben immer eine Vorgeschichte. Das stellt sich jedes Mal heraus, wenn ich gerufen werde. Die Hunde kündigen das lange vorher an, aber die Halter erkennen die Warnsignale nicht. Ein Hund, den ich gerade im Training habe, hat einem vierjährigen Kind die Achillessehne durchgebissen. Die Leute erzählten mir, der kümmert sich immer so nett um das Kind. Doch was die als „Kümmern“ betrachtet haben, war die pure Aggression. Dieser Hund hat das Kind ständig fixiert und ist stocksteif hinter ihm hergegangen. Das ist aus Hundesicht eine sehr ernste Drohung. Fast alle Unfälle hängen damit zusammen, dass die Leute ihre Hunde nicht einschätzen können.
Steckt die Aggression in den Genen, sind Kampfhunde generell gefährlich?
Es ist schwer zu definieren, was überhaupt ein Kampfhund ist. Natürlich gibt es Rassen, die wurden früher gezüchtet, um zu kämpfen – aber um gegen Hunde zu kämpfen. Es ist natürlich vom Kräfteverhältnis ein Unterschied, ob ein Pitbullterrier ausrastet oder ein Zwergpudel. Man kann aber nicht generell sagen, dass einzelne Rassen gefährlich sind. Auch die Statistik der Beißunfälle spricht dagegen.
Steckt in jedem Hund ein Rest von Unberechenbarkeit?
Ein Hund ist und bleibt ein Beutegreifer. Mit Hund und Kind gibt es immer ein Restrisiko, auch wenn es noch so liebe Hunde sind. Ich habe vier Kinder und natürlich auch Hunde. Wir lassen unsere Kinder mit den Hunden nie allein.
Sind Zuchtverbote für bestimmte Rassen vernünftig?
Zuchteinschränkungen sind sinnvoll. Denn bestimmte Rassen sind schwieriger als andere. Die sollte nicht jeder Ahnungslose züchten dürfen.
Um welche Rassen geht es meistens, wenn Sie zu aggressiven Hunden gerufen werden?
Häufig um solche, die als besonders lieb gelten. Weil die Halter glauben, die sind so nett, die muss man nicht erziehen.
Was ist der häufigste Fehler der Hundebesitzer?
Zu wenige Regeln. Die sind gerührt von den süßen Welpen und erlauben ihnen alles. Es muss jedoch von Anfang an klare Regeln und Tabus für den Hund geben. Oft suchen die Besitzer viel zu viel Körperkontakt, streicheln und kuscheln ständig. Die Leute wollen der Kumpel ihres Hundes sein. Hunde missverstehen das und werden dann ihrerseits distanzlos.
Sind Hundeführerscheine eine Lösung?
Die Lösung schlechthin. Jeder darf einen Hund besitzen, ja sogar züchten oder eine Hundeschule aufmachen. Unfälle passieren, weil die Besitzer keine Ahnung von den Tieren haben. Da ließe sich mit einer relativ kurzen Schulung der Grundkenntnisse viel verbessern.
Der Thüringer Innenminister hat vorgeschlagen, die Hunde in Gewichtsklassen einzuteilen und ab einer gewissen Größe Leinenzwang oder andere Auflagen zu erteilen.
Das ist auf jeden Fall vernünftiger als Rasselisten.
Warum sind Kinder so oft Opfer?
Weil sie sich aus Hundesicht noch distanzloser benehmen als Erwachsene.
Oft beißt der eigene Hund zu...
85 Prozent der Beißattacken finden in den Familien statt, zu denen der Hund gehört. Da ja nicht jeder den Biss seines eigenen Hundes meldet, sind es wohl in Wahrheit 99 Prozent. Oft sind solche Hunde schon über Monate genervt und frustriert, aber die Besitzer erkennen es nicht.
Was tun bei einer Hunde-Attacke?
Wenn man irgendwas zur Hand hat, sollte man es nach dem Prinzip Stierkampf versuchen. Der Hund beißt in das, was er erwischen kann. Wenn der Hund sich bereits verbissen hat, gibt es kein Patentrezept, das ist ein absoluter Ausnahmezustand. Ich würde mich entschlossen wehren.
Man liest immer wieder von schwersten Gesichtsverletzungen.
Das ist nicht gezielt. Der Hund beißt in das, was vor seiner Schnauze ist. Bei kleinen Kindern ist der Kopf auf Kopfhöhe eines großen Hundes.
Woran erkenne ich, dass ein Hund gleich beißt?
Wenn der Körper sich versteift, ist Alarmstufe rot. Solange ein Hund in Bewegung ist und mit dem Po wackelt, passiert meistens noch nichts.
Sind Sie fit für den Hundeführerschein? Ein Online-Test der Welt Online
Quelle: Welt Online (welt.de)
Freitag, 28. Mai 2010
Mittwoch, 26. Mai 2010
Tollwut-Zunahme in Italien
Die Tollwut breitet sich seit Herbst 2008 wieder in Italien aus. Wurde Italien 1997 als Tollwut-frei erklärt, wurden 2009 68 Fälle entdeckt und im 2010 bis am 4. März bereits 86. Italien hat nun die Bekämpfung verstärkt. Der beste Schutz für Reisende in die betroffenen Regionen Italiens ist die korrekte Tollwut-Impfung von Hunden.
Betrachtet man die Tollwut-Fälle in ganz Europa, ist die Ausbreitung in Italien wenig überraschend. In Osteuropa tritt die Krankheit in einigen Ländern immer noch häufig auf, auch in Slowenien. Von da sind befallene Füchse nach Italien eingewandert und die Krankheit hat mittlerweile die Regionen Friaul, Veneto und das Südtirol ergriffen. Die Tollwut scheint in den Regionen wieder endemisch geworden zu sein, was heisst, dass die Krankheit sich dort in der lokalen Wildtierpopulation ausbreitet. Italien und vorbeugend auch Österreich haben deshalb Hunderttausende von Impfködern ausgelegt. Über diese mit Impfstoffen versehenen, zündholzschachtelgrossen Happen sollen die Füchse geimpft werden.
Betroffen waren in Italien bisher vor allem Füchse. Aber auch bei Hirschen, Dachsen, Eseln – und bei drei Hunden und einer Katze – wurde Tollwut nachgewiesen. Dies macht eines deutlich: Wer mit seinen Hunden in diese Regionen reist, soll unbedingt prüfen, ob die Hunde die vorgeschriebene Tollwut-Impfung erhalten haben und diese noch wirksam ist. Die Angaben finden Sie im Heimtierausweis. Sind Sie unsicher, fragen Sie Ihre Tierärztin oder Ihren Tierarzt. Zeigen die Tiere Tollwut-Symptome – auffällige Verhaltensveränderungen und Bewegungsstörungen – und waren sie nicht korrekt geimpft, kontaktieren Sie sofort Ihre Tierärztin / Ihren Tierarzt. Zudem sollen Personen, die in diesen Regionen von Wildtieren geleckt, gekratzt oder gebissen worden sind, umgehend einen Arzt aufsuchen.
Die Tollwut-Impfungen von Hunden und Katzen sind bei jeder Auslandreise vorgeschrieben.
Die Tollwut ist eine heimtückische Krankheit. Tiere wie Hunde und Katzen sind genauso betroffen wie der Mensch. Unbehandelt führt die Krankheit zum Tod. Bei Verdacht – nach einem Biss eines Wildtieres – muss deshalb rasch gehandelt werden. Dabei gilt es zu beachten, dass die Tollwut in Menschen wie in Tieren während Wochen unbemerkt schlummern und plötzlich ausbrechen kann. Dann kommt jede Behandlung zu spät.
Die Schweiz hat die Tollwut ausgerottet und ist seit 1998 frei. Wegen der Fälle in Italien wurden in der Schweiz bislang keine vorbeugenden Massnahmen nötig. Die Ausbreitung der Tollwut wird jedoch ständig beobachtet.
Quelle: BVET
Betrachtet man die Tollwut-Fälle in ganz Europa, ist die Ausbreitung in Italien wenig überraschend. In Osteuropa tritt die Krankheit in einigen Ländern immer noch häufig auf, auch in Slowenien. Von da sind befallene Füchse nach Italien eingewandert und die Krankheit hat mittlerweile die Regionen Friaul, Veneto und das Südtirol ergriffen. Die Tollwut scheint in den Regionen wieder endemisch geworden zu sein, was heisst, dass die Krankheit sich dort in der lokalen Wildtierpopulation ausbreitet. Italien und vorbeugend auch Österreich haben deshalb Hunderttausende von Impfködern ausgelegt. Über diese mit Impfstoffen versehenen, zündholzschachtelgrossen Happen sollen die Füchse geimpft werden.
Betroffen waren in Italien bisher vor allem Füchse. Aber auch bei Hirschen, Dachsen, Eseln – und bei drei Hunden und einer Katze – wurde Tollwut nachgewiesen. Dies macht eines deutlich: Wer mit seinen Hunden in diese Regionen reist, soll unbedingt prüfen, ob die Hunde die vorgeschriebene Tollwut-Impfung erhalten haben und diese noch wirksam ist. Die Angaben finden Sie im Heimtierausweis. Sind Sie unsicher, fragen Sie Ihre Tierärztin oder Ihren Tierarzt. Zeigen die Tiere Tollwut-Symptome – auffällige Verhaltensveränderungen und Bewegungsstörungen – und waren sie nicht korrekt geimpft, kontaktieren Sie sofort Ihre Tierärztin / Ihren Tierarzt. Zudem sollen Personen, die in diesen Regionen von Wildtieren geleckt, gekratzt oder gebissen worden sind, umgehend einen Arzt aufsuchen.
Die Tollwut-Impfungen von Hunden und Katzen sind bei jeder Auslandreise vorgeschrieben.
Die Tollwut ist eine heimtückische Krankheit. Tiere wie Hunde und Katzen sind genauso betroffen wie der Mensch. Unbehandelt führt die Krankheit zum Tod. Bei Verdacht – nach einem Biss eines Wildtieres – muss deshalb rasch gehandelt werden. Dabei gilt es zu beachten, dass die Tollwut in Menschen wie in Tieren während Wochen unbemerkt schlummern und plötzlich ausbrechen kann. Dann kommt jede Behandlung zu spät.
Die Schweiz hat die Tollwut ausgerottet und ist seit 1998 frei. Wegen der Fälle in Italien wurden in der Schweiz bislang keine vorbeugenden Massnahmen nötig. Die Ausbreitung der Tollwut wird jedoch ständig beobachtet.
Quelle: BVET
Asymmetrisches Wedeln
2006 hat der italienische Neurologe Giorgio Vallortigara auf 18 000 Bildern die Position des Schwanzes bestimmt. Dann war klar: Hunde wedeln asymmetrisch.
Vallortigara ist Hirnforscher an der Universität Triest in Italien. Den grössten Teil seiner wissenschaftlichen Karriere verbrachte er damit, Hirnasymmetrien bei Tieren zu untersuchen, wie zum Beispiel die Spezialisierung der beiden Hirnhälften. Auf diese Asymmetrie ist es etwa zurückzuführen, dass Menschen und andere Primaten bevorzugt die rechte Hand gebrauchen.
Weil die rechte Gehirnhälfte die linke Körperseite steuert und die linke Gehirnhälfte die rechte Körperseite, hatten Forscher bisher immer bei paarweise vorhandenen Körperfunktionen nach dem Effekt der Asymmetrie gesucht. Bei Händen eben, aber auch bei Augen, Ohren, Beinen. Vallortigara fragte sich nun, wie sich die Asymmetrie bei Körperteilen auswirken würde, die es nicht als Paar gab. Und als erstes solches Organ fiel ihm der Hundeschwanz ein.
Der Hundeschwanz eignete sich ganz besonders für das Experiment, weil der Hund mit ihm sein emotionales Befinden anzeigt, und man wusste, dass auch die verschiedenen Gehirnhälften für unterschiedliche Emotionen zuständig sind: Die linke Gehirnhälfte ist generell für Annäherung und Vertrauen zuständig. Die rechte Gehirnhälfte hingegen ist spezialisiert auf Flucht, Misstrauen, Angst.
Da beim Hund die linke Gehirnhälfte die Muskeln steuert, die den Schwanz gegen rechts bewegen, und umgekehrt, vermutete Vallortigara, dass Hunde je nach Gemütszustand asymmetrisch wedeln müssten.
Um das zu überprüfen, arbeitete er mit zwei Tierärzten, die 30 Hunde für Versuche rekrutierten. Sie bauten eine zwei mal zwei mal vier Meter grosse Kiste, in der die Hunde einer nach dem anderen durch das einzige Fenster abwechslungsweise eine Katze, einen dominanten Hund, eine unbekannte Person oder ihren Besitzer zu sehen bekamen. Eine Videokamera zeichnete von oben auf, wie ihr Schwanz wedelte.
In tagelanger, mühseliger Kleinarbeit bestimmte einer von Vallortigaras Mitarbeitern auf 18?000 Einzelbildern die exakte Position des Schwanzes. Die Statistik brachte es dann an den Tag: Wenn die Hunde ihre Besitzer sahen, wedelten sie mit einem Rechtsdrall. Ebenfalls eine Tendenz gegen rechts hatten sie bei der unbekannten Person und bei der Katze, der Schwanz bewegte sich allerdings deutlich weniger stark als beim Anblick des Herrchens. Hatten sie dagegen den dominanten Hund vor sich, schlug der Schwanz stärker gegen links aus.
Alle Reize, von denen sich die Hunde angezogen fühlten – einschliesslich einer Katze –, führten zu rechtsseitigem Wedeln. Wenn der Hund sich auf Flucht einstellte, wedelte er gegen links.
Vallortigara ist Hirnforscher an der Universität Triest in Italien. Den grössten Teil seiner wissenschaftlichen Karriere verbrachte er damit, Hirnasymmetrien bei Tieren zu untersuchen, wie zum Beispiel die Spezialisierung der beiden Hirnhälften. Auf diese Asymmetrie ist es etwa zurückzuführen, dass Menschen und andere Primaten bevorzugt die rechte Hand gebrauchen.
Weil die rechte Gehirnhälfte die linke Körperseite steuert und die linke Gehirnhälfte die rechte Körperseite, hatten Forscher bisher immer bei paarweise vorhandenen Körperfunktionen nach dem Effekt der Asymmetrie gesucht. Bei Händen eben, aber auch bei Augen, Ohren, Beinen. Vallortigara fragte sich nun, wie sich die Asymmetrie bei Körperteilen auswirken würde, die es nicht als Paar gab. Und als erstes solches Organ fiel ihm der Hundeschwanz ein.
Der Hundeschwanz eignete sich ganz besonders für das Experiment, weil der Hund mit ihm sein emotionales Befinden anzeigt, und man wusste, dass auch die verschiedenen Gehirnhälften für unterschiedliche Emotionen zuständig sind: Die linke Gehirnhälfte ist generell für Annäherung und Vertrauen zuständig. Die rechte Gehirnhälfte hingegen ist spezialisiert auf Flucht, Misstrauen, Angst.
Da beim Hund die linke Gehirnhälfte die Muskeln steuert, die den Schwanz gegen rechts bewegen, und umgekehrt, vermutete Vallortigara, dass Hunde je nach Gemütszustand asymmetrisch wedeln müssten.
Um das zu überprüfen, arbeitete er mit zwei Tierärzten, die 30 Hunde für Versuche rekrutierten. Sie bauten eine zwei mal zwei mal vier Meter grosse Kiste, in der die Hunde einer nach dem anderen durch das einzige Fenster abwechslungsweise eine Katze, einen dominanten Hund, eine unbekannte Person oder ihren Besitzer zu sehen bekamen. Eine Videokamera zeichnete von oben auf, wie ihr Schwanz wedelte.
In tagelanger, mühseliger Kleinarbeit bestimmte einer von Vallortigaras Mitarbeitern auf 18?000 Einzelbildern die exakte Position des Schwanzes. Die Statistik brachte es dann an den Tag: Wenn die Hunde ihre Besitzer sahen, wedelten sie mit einem Rechtsdrall. Ebenfalls eine Tendenz gegen rechts hatten sie bei der unbekannten Person und bei der Katze, der Schwanz bewegte sich allerdings deutlich weniger stark als beim Anblick des Herrchens. Hatten sie dagegen den dominanten Hund vor sich, schlug der Schwanz stärker gegen links aus.
Alle Reize, von denen sich die Hunde angezogen fühlten – einschliesslich einer Katze –, führten zu rechtsseitigem Wedeln. Wenn der Hund sich auf Flucht einstellte, wedelte er gegen links.
HundeHALTER Verband in Österreich gegründet
Die Gründer bezeichnen ihn als das "wahrscheinlich ehrgeizigste Projekt auf dem Gebiet der Hundehaltung" und wollen für Hundehalter das sein, was ÖAMTC und ARBÖ für Autofahrer sind. Die Rede ist von dem ersten Österreichischen Hundehalterverband (ÖHV). Hans Mosser, Präsident des Verbands und Herausgeber des Hundemagazins "Wuff", will, dass österreichische Hundehalter "eine Stimme bekommen und nicht länger zum Sündebock für einige wenige aus ihren Reihen werden". Er habe zumindest in den jüngsten Medienberichten festgestellt, dass überwiegend die negativen Aspekte der Hundehaltung, etwa im Zusammenhang mit dem Kampfhundeführerschein in Wien, dargestellt werden.
Das langfristige Ziel des ÖHV ist laut Mosser nahezu alle Hundehalter in Österreich, und das sind bei 700.000 Hunden nicht so wenige, in den Verband zu integrieren. Weiter Schritte würden sich in Zukunft erst weisen.
Vielleicht auch eine Idee für die Schweiz?
Österreicher Hundehalterverband
Das langfristige Ziel des ÖHV ist laut Mosser nahezu alle Hundehalter in Österreich, und das sind bei 700.000 Hunden nicht so wenige, in den Verband zu integrieren. Weiter Schritte würden sich in Zukunft erst weisen.
Vielleicht auch eine Idee für die Schweiz?
Österreicher Hundehalterverband
Sonntag, 23. Mai 2010
Erziehungskurse sollten Pflicht sein
Interview der NZZamSonntag mit Sonja Doll Hadorn, Zoologin und Therapeutin für verhaltensauffällige Hunde
Frau Doll Hadorn, was läuft schief zwischen Mensch und Hund?
Der Hund wird nicht mehr als das gesehen, was er ist: ein domestiziertes Raubtier mit einer eigenen Psychologie. Fremde fassen die Tiere ungefragt an. Und auch die Besitzer sind sich oft nicht bewusst, was ihre Hunde als anmassend, verwirrend oder bedrohlich empfinden können. Wo der Mensch aber als kompetenter Anführer versagt, übernimmt der Hund die Chefrolle. Und entscheidet selbst, weil er sich für den Schutz des «Rudels» verantwortlich fühlt.
Welche Situationen sind kritisch?
Konkurrenzsituationen um Aufmerksamkeit zum Beispiel. Und alles, was sich im Territorium des Hundes, also rund um den Halter, das Haus oder das Auto abspielt.
Warum sind Kinder so häufig Opfer?
Weil sie den Raum des Hundes am wenigsten wahren. Umarmungen zum Beispiel empfindet er als extrem beengend. Im Familienleben kann er Kinder als Konkurrenz sehen. Ist ein Hund mit kindlichen Bewegungen oder Geräuschen nicht vertraut, können sie auf ihn bedrohlich wirken. In den schlimmsten Fällen nimmt er das Kind als Beute wahr.
Hunde beissen viel häufiger zu als angenommen. Und zusätzliche Unfälle verursachen noch mehr Kosten. Sind Sie von der Suva-Studie überrascht?
Jein. Ich will sie auch nicht schönreden. Mich stört aber, dass die Umstände der Unfälle nicht erfasst sind. So entsteht ein einseitiges Bild von aggressiven Hunden. Meistens aber ist fehlerhaftes Verhalten von Haltern oder ihren Mitmenschen die Ursache. Das aber wird bei der Versicherung sicher nicht angegeben.
Welche Massnahmen müssen ergriffen werden, um Unfälle zu vermeiden?
Hunde entwickeln problematisches Verhalten oft erst später. Darum sollten Erziehungskurse nicht nur für Junghunde, sondern auch für ausgewachsene Tiere Pflicht sein. Die kleinen Rassen eingeschlossen. Es ist wie im Strassenverkehr: Ob man einen Mini fährt oder einen Offroader, die Regeln müssen alle beherrschen.
Quelle: NZZamSonntag
Frau Doll Hadorn, was läuft schief zwischen Mensch und Hund?
Der Hund wird nicht mehr als das gesehen, was er ist: ein domestiziertes Raubtier mit einer eigenen Psychologie. Fremde fassen die Tiere ungefragt an. Und auch die Besitzer sind sich oft nicht bewusst, was ihre Hunde als anmassend, verwirrend oder bedrohlich empfinden können. Wo der Mensch aber als kompetenter Anführer versagt, übernimmt der Hund die Chefrolle. Und entscheidet selbst, weil er sich für den Schutz des «Rudels» verantwortlich fühlt.
Welche Situationen sind kritisch?
Konkurrenzsituationen um Aufmerksamkeit zum Beispiel. Und alles, was sich im Territorium des Hundes, also rund um den Halter, das Haus oder das Auto abspielt.
Warum sind Kinder so häufig Opfer?
Weil sie den Raum des Hundes am wenigsten wahren. Umarmungen zum Beispiel empfindet er als extrem beengend. Im Familienleben kann er Kinder als Konkurrenz sehen. Ist ein Hund mit kindlichen Bewegungen oder Geräuschen nicht vertraut, können sie auf ihn bedrohlich wirken. In den schlimmsten Fällen nimmt er das Kind als Beute wahr.
Hunde beissen viel häufiger zu als angenommen. Und zusätzliche Unfälle verursachen noch mehr Kosten. Sind Sie von der Suva-Studie überrascht?
Jein. Ich will sie auch nicht schönreden. Mich stört aber, dass die Umstände der Unfälle nicht erfasst sind. So entsteht ein einseitiges Bild von aggressiven Hunden. Meistens aber ist fehlerhaftes Verhalten von Haltern oder ihren Mitmenschen die Ursache. Das aber wird bei der Versicherung sicher nicht angegeben.
Welche Massnahmen müssen ergriffen werden, um Unfälle zu vermeiden?
Hunde entwickeln problematisches Verhalten oft erst später. Darum sollten Erziehungskurse nicht nur für Junghunde, sondern auch für ausgewachsene Tiere Pflicht sein. Die kleinen Rassen eingeschlossen. Es ist wie im Strassenverkehr: Ob man einen Mini fährt oder einen Offroader, die Regeln müssen alle beherrschen.
Quelle: NZZamSonntag
Hunde können schlimmeres anrichten als Bisse - Studie SUVA
Wer sich vor Hunden fürchtet, denkt vor allem an Bisse. Doch eine neue Studie der Unfallversicherung Suva zeigt: Die Tiere können Schlimmeres anrichten als beissen.
Jogger können aufatmen: Auch wenn sie oft von bellenden Hunden verfolgt werden - gebissen werden sie relativ selten. Von den jährlich 5200 Unfällen mit Hunden geschehen nur 100 beim Joggen. Weniger erfreulich ist die Lage jedoch für Pöstler und Hausierer: Jeder sechste Hundebiss trifft die Menschen, die täglich in das Territorium der Tiere eindringen müssen.
Die Unfallversicherung Suva veröffentlichte diese Woche eine neue Studie zu Unfällen mit Hunden. Anders als die Biss-Statistik des Bundesamtes für Veterinärwesen (BVet) basiert sie nicht auf den Meldungen der Veterinärämter, sondern auf den Angaben der obligatorisch gegen Unfall versicherten Arbeitnehmenden. Diese machen knapp die Hälfte der Schweizer Bevölkerung aus. Die präsentierten Zahlen sind überraschend; einerseits, weil dreimal mehr Personen gebissen werden als bisher angenommen, nämlich hochgerechnet 9500 Menschen pro Jahr. Andererseits, weil Hunde weit mehr Kosten verursachen durch Unfälle, bei denen sie gar nicht zubeissen.
Schlimm sind zum Beispiel Kollisionen. Wenn ein Fahrradfahrer mit einem Hund zusammenstösst, sind oft Brüche, Prellungen oder Zerrungen die Folge. Verletzungen, die mehr Arztkosten verursachen als ein Biss und eine längere Abwesenheit vom Arbeitsplatz zur Folge haben. Viele Unfälle treffen zudem die Halter selbst: Gerade ältere Menschen werden von ihren Tieren umgerissen oder verletzen sich, weil der Zug an der Leine zu gross ist.
In der Summe fallen diese Unfälle weit mehr ins Gewicht als die Bissverletzungen: 7,5 Millionen Franken kosten Taggelder, Arztkosten und Renten dieser Nicht-Biss-Unfälle die Versicherung pro Jahr, doppelt so viel wie die Kosten der Bissunfälle. Diese Zahl ist unter anderem so hoch, weil auch Invalidenrenten mitberechnet sind. Durchschnittlich achtmal pro Jahr wird jemand in der Schweiz durch einen Hund invalid - aber in der Regel nicht durch einen Biss. Pro Fall kostet ein Biss den Versicherer 1100 Franken, ein Nicht-Biss-Unfall 3200 Franken.
«Dieser hohe Anteil an Nicht-Biss-Unfällen war uns nicht bewusst», sagt der Leiter der Suva-Studie, Bruno Lanfranconi. Eine neue Präventionskampagne werde die Suva nicht starten. Aber Lanfranconi appelliert an die Hundehalter, sich nicht zu grosse Tiere anzuschaffen. Die Daten zeigen, dass sich insbesondere ältere Menschen, vor allem ältere Frauen, häufiger verletzen, weil sie nicht genügend Kraft haben und vom Tier mitgerissen oder umgestossen werden. «Oft gibt es ein Missverhältnis zwischen der Kraft der Halterin und der Kraft des Hundes», sagt Lanfranconi. Es sei also auch im Interesse der Hundehalter, sich ein Tier mit einer Grösse anzuschaffen, das in einem vernünftigen Verhältnis zur Körperkraft stehe. «Das schuldet man auch der Öffentlichkeit», sagt er.
Eine Einschränkung muss man jedoch machen: Auf die ganze Bevölkerung gerechnet, unterschätzt die Suva-Studie die Schwere der Bissverletzungen. Da erst Berufstätige bei der Suva versichert sind, berücksichtigt die Untersuchung nämlich keine Unfälle mit Kindern. Gerade unter Zehnjährige haben aber ein überproportionales Risiko, von einem Hund gebissen zu werden (siehe Interview). Zudem haben Bisse bei Kindern schwerwiegendere Auswirkungen. Ihr Körperbau ist zarter und leichter verletzlich, und da sie kleiner sind, werden sie öfter in Kopf und Hals gebissen als Erwachsene (siehe Grafik). Eine Untersuchung aus dem Jahr 2002 zeigte, dass die Hälfte aller im Spital behandelten Hundebisse Kinder betrafen.
Die Präventionsarbeit des BVet konzentriert sich daher auf die Sensibilisierung von Eltern mit Kindern - und Menschen, die Angst vor Hunden haben. Auch diese werden nämlich überdurchschnittlich oft gebissen. Kinder können sich mit einem richtigen Verhalten tatsächlich vor Bissen schützen. Denn auch wenn Angriffe von Hunden auf Kinder, zum Teil mit Todesfolgen, erschrecken und Angst machen - viel häufiger werden die Kleinsten von Tieren gebissen, die sie kennen.
Der Mensch ist gefährlicher
Laut einer Untersuchung von 667 Unfällen wollten 82 Prozent der unter vierjährigen Biss-Patienten den Hund streicheln, füttern oder ihm zum Beispiel die Leine anlegen. Erwachsene werden nicht so oft bei solchen Interaktionen gebissen, sondern eher, weil sie in Raufereien eingreifen oder in das Territorium der Tiere eindringen. Die Gefahr, durch einen Menschen im Streit absichtlich verletzt zu werden, war im Jahr 2006 rund dreimal grösser als die Gefahr, von einem Hund gebissen zu werden. Doch gäbe es gleich viele Hunde wie Menschen in der Schweiz, wäre die Lage anders. «Hunde sind dem Menschen rund sechsmal gefährlicher als Menschen», folgert die Suva aus dem Vergleich der Wahrscheinlichkeiten. Dies entspreche der Erwartung, dass «die innerartliche Kommunikation zwischen Menschen um einiges besser funktioniert als jene zwischen Mensch und Hund». Doch wenn sich Menschen Gewalt antun, dann würden mehr Kosten anfallen. Ein Indiz, dass sich Menschen untereinander schwerere Verletzungen zufügten als Hunde den Menschen.
Und was geschieht mit einem Hund, der zugebissen hat? In einer Befragung von Biss-Opfern aus dem Jahr 2002 sagten drei Viertel jener Personen, die vom eigenen Hund gebissen wurden, dass sie keine Massnahmen ergriffen hätten. 6 Prozent schläferten den Hund ein, 3 Prozent legten ihn an die Kette oder gaben das Tier weg.
Quelle: NZZamSonntag
Jogger können aufatmen: Auch wenn sie oft von bellenden Hunden verfolgt werden - gebissen werden sie relativ selten. Von den jährlich 5200 Unfällen mit Hunden geschehen nur 100 beim Joggen. Weniger erfreulich ist die Lage jedoch für Pöstler und Hausierer: Jeder sechste Hundebiss trifft die Menschen, die täglich in das Territorium der Tiere eindringen müssen.
Die Unfallversicherung Suva veröffentlichte diese Woche eine neue Studie zu Unfällen mit Hunden. Anders als die Biss-Statistik des Bundesamtes für Veterinärwesen (BVet) basiert sie nicht auf den Meldungen der Veterinärämter, sondern auf den Angaben der obligatorisch gegen Unfall versicherten Arbeitnehmenden. Diese machen knapp die Hälfte der Schweizer Bevölkerung aus. Die präsentierten Zahlen sind überraschend; einerseits, weil dreimal mehr Personen gebissen werden als bisher angenommen, nämlich hochgerechnet 9500 Menschen pro Jahr. Andererseits, weil Hunde weit mehr Kosten verursachen durch Unfälle, bei denen sie gar nicht zubeissen.
Schlimm sind zum Beispiel Kollisionen. Wenn ein Fahrradfahrer mit einem Hund zusammenstösst, sind oft Brüche, Prellungen oder Zerrungen die Folge. Verletzungen, die mehr Arztkosten verursachen als ein Biss und eine längere Abwesenheit vom Arbeitsplatz zur Folge haben. Viele Unfälle treffen zudem die Halter selbst: Gerade ältere Menschen werden von ihren Tieren umgerissen oder verletzen sich, weil der Zug an der Leine zu gross ist.
In der Summe fallen diese Unfälle weit mehr ins Gewicht als die Bissverletzungen: 7,5 Millionen Franken kosten Taggelder, Arztkosten und Renten dieser Nicht-Biss-Unfälle die Versicherung pro Jahr, doppelt so viel wie die Kosten der Bissunfälle. Diese Zahl ist unter anderem so hoch, weil auch Invalidenrenten mitberechnet sind. Durchschnittlich achtmal pro Jahr wird jemand in der Schweiz durch einen Hund invalid - aber in der Regel nicht durch einen Biss. Pro Fall kostet ein Biss den Versicherer 1100 Franken, ein Nicht-Biss-Unfall 3200 Franken.
«Dieser hohe Anteil an Nicht-Biss-Unfällen war uns nicht bewusst», sagt der Leiter der Suva-Studie, Bruno Lanfranconi. Eine neue Präventionskampagne werde die Suva nicht starten. Aber Lanfranconi appelliert an die Hundehalter, sich nicht zu grosse Tiere anzuschaffen. Die Daten zeigen, dass sich insbesondere ältere Menschen, vor allem ältere Frauen, häufiger verletzen, weil sie nicht genügend Kraft haben und vom Tier mitgerissen oder umgestossen werden. «Oft gibt es ein Missverhältnis zwischen der Kraft der Halterin und der Kraft des Hundes», sagt Lanfranconi. Es sei also auch im Interesse der Hundehalter, sich ein Tier mit einer Grösse anzuschaffen, das in einem vernünftigen Verhältnis zur Körperkraft stehe. «Das schuldet man auch der Öffentlichkeit», sagt er.
Eine Einschränkung muss man jedoch machen: Auf die ganze Bevölkerung gerechnet, unterschätzt die Suva-Studie die Schwere der Bissverletzungen. Da erst Berufstätige bei der Suva versichert sind, berücksichtigt die Untersuchung nämlich keine Unfälle mit Kindern. Gerade unter Zehnjährige haben aber ein überproportionales Risiko, von einem Hund gebissen zu werden (siehe Interview). Zudem haben Bisse bei Kindern schwerwiegendere Auswirkungen. Ihr Körperbau ist zarter und leichter verletzlich, und da sie kleiner sind, werden sie öfter in Kopf und Hals gebissen als Erwachsene (siehe Grafik). Eine Untersuchung aus dem Jahr 2002 zeigte, dass die Hälfte aller im Spital behandelten Hundebisse Kinder betrafen.
Die Präventionsarbeit des BVet konzentriert sich daher auf die Sensibilisierung von Eltern mit Kindern - und Menschen, die Angst vor Hunden haben. Auch diese werden nämlich überdurchschnittlich oft gebissen. Kinder können sich mit einem richtigen Verhalten tatsächlich vor Bissen schützen. Denn auch wenn Angriffe von Hunden auf Kinder, zum Teil mit Todesfolgen, erschrecken und Angst machen - viel häufiger werden die Kleinsten von Tieren gebissen, die sie kennen.
Der Mensch ist gefährlicher
Laut einer Untersuchung von 667 Unfällen wollten 82 Prozent der unter vierjährigen Biss-Patienten den Hund streicheln, füttern oder ihm zum Beispiel die Leine anlegen. Erwachsene werden nicht so oft bei solchen Interaktionen gebissen, sondern eher, weil sie in Raufereien eingreifen oder in das Territorium der Tiere eindringen. Die Gefahr, durch einen Menschen im Streit absichtlich verletzt zu werden, war im Jahr 2006 rund dreimal grösser als die Gefahr, von einem Hund gebissen zu werden. Doch gäbe es gleich viele Hunde wie Menschen in der Schweiz, wäre die Lage anders. «Hunde sind dem Menschen rund sechsmal gefährlicher als Menschen», folgert die Suva aus dem Vergleich der Wahrscheinlichkeiten. Dies entspreche der Erwartung, dass «die innerartliche Kommunikation zwischen Menschen um einiges besser funktioniert als jene zwischen Mensch und Hund». Doch wenn sich Menschen Gewalt antun, dann würden mehr Kosten anfallen. Ein Indiz, dass sich Menschen untereinander schwerere Verletzungen zufügten als Hunde den Menschen.
Und was geschieht mit einem Hund, der zugebissen hat? In einer Befragung von Biss-Opfern aus dem Jahr 2002 sagten drei Viertel jener Personen, die vom eigenen Hund gebissen wurden, dass sie keine Massnahmen ergriffen hätten. 6 Prozent schläferten den Hund ein, 3 Prozent legten ihn an die Kette oder gaben das Tier weg.
Quelle: NZZamSonntag
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